Wortkrimi 8 – Neun Städte
Europäischer Wort-Krimi Nr. 08
Waren Sie schon einmal in einer der folgenden neun Städte?
(1) Wühlwasserdamm, (2) Weißenburg, (3) Sumpfstadt, (4) Blumenstadt, (5) Einsiedeln, (6) Neustadt, (7) Stadt der Bootsleute, (8) Weisheit (9) Waldbach
Vielleicht hilft es Ihnen, wenn die Ortsnamen in ihre heutigen Namen zurückgeführt werden? Dann lautet die Frage nämlich folgendermaßen …
Waren sie schon einmal (1) Amsterdam, (2) Belgrad, (3) Berlin, (4) Florenz, (5) München, (6) Neapel, (7) Paris, (8) Sofia oder (9) Wien?
Unser Städte sind oft schon Jahrhunderte, ja sogar zwei bis drei Jahrtausende alt. Daher tragen sie oft noch Namen, deren Bedeutung ihnen im Worte selbst nicht mehr anzusehen ist d.h. man erkennt nicht sofort den sprachlichen Hintergrund. Im Folgenden wird für die genannten Städtenamen erklärt, was wirklich hinter dem Namen steckt und woher die Bedeutung kommt.
(1) Amsterdam
Amsterdam, die Hauptstadt der Niederlande, hat ihren Namen von der germanischen Wurzel ama’ fließendes oder Wühlwasser’ wegen des Flusses (Amstel), der durch das Gebiet fließt und dem Damm, der als Bollwerk gegen das Wasser diente.
(2) Belgrad
Belgrad, die Hauptstadt Serbiens, heißt auf Serbokroatisch Beograd, übersetzt ‚Weiße Stadt‘ oder Weißenburg. Serbokroatisch grad und Russisch город (vgl. Nowgorod, die neue Stadt) sind mit unseren Wort Garten und Lateinisch hortus ’Garten’ urverwandt.
(3) Berlin
Der Stadtname Berlin hat nichts mit dem Wappen der Stadt, dem Bär, zu tun. Berlin als Ortsname ist wie viele andere Dorf- und Städtenamen in Ostdeutschland slawischen Ursprungs. Nach der Abwanderung des größten Teils der germanischen Stämme in der Zeit der Völkerwanderung im 3. und 4. Jahrhundert wurde das Gebiet von slawischen Stämmen aus dem osteuropäischen Raum besiedelt, d.h. sie gründeten ihre Dörfer, deren Namen meist an zwei Endungen zu erkennen sind: –in und –ow, jeweils mit Endbetonung. Man denke an Ortsnamen wie Pankow, Teltow, Ruppin, Stettin, Templin usw.
In der Endung -ow steckt unser Wort Au bzw. Aue und ist verwandt mit Lateinisch aqua ’Wasser’ (vgl. Aquarium). Daher haben wir die romanische Sprachreihe:
Französisch eau, Italienisch acqua, Portugiesisch água, Rätoromanisch aua und Spanisch agua.
Die erste Silbe Ber- geht auf die slawische Wurzel birl-/berl- zurück und bedeutet Sumpf (vgl. Duden 1999: 60).
(4) Florenz
Florenz, Hauptstadt der Toskana, heißt auf Italienisch Firenze, das bedeutet ursprünglich ’Die Blühende’. Das schöne Florenz hat im übertragenen Sinne seinen Namen Blumenstadt verdient. Die Römer nannten sie Colonia Florentia ’Blumenkolonie’, abgeleitet von Lateinisch flos (Gen. floris) ’Blume’ – auch zu finden in dem deutschen Wort Florist/in. Da sich der Anlaut Lateinisch fl zu Italienisch fi wandelte, heißt es im Italienischen il fiore’ Blume’ und daher heißt die Stadt im Italienischen Firenze.
(5) München
München wurde im 12. Jahrhundert als Übergang der an Isar gegründet. Der Name kommt von ‚Mönch‘, das auf spätlateinisch monachus und spätgriechisch μοναχος ’einzeln, alleinlebend’ beruht, wovon sich wiederum μονος ’allein’ ableitet. Daher unsere Fremdwörter Monarchie, Monogamie, Monolog, Monopol, Monotheismus und monoton.
Da es noch das Fürstentum Monaco gibt, wird München im Italienischen als Monaco de la Baviera bezeichnet. Die Lautveränderungen schlagen sich auch in anderen europäischen Sprachen nieder, daher Englisch Munich und Französisch Munich.
(6) Neapel
Ca. 600 v.Chr. haben ausgewanderte Griechen die νεα πολις, (einfach transkribiert: nea polis) die ’neue Stadt’ in Unteritalien im heutigen Kampanien gegründet.
(7) Paris
Paris, die Hauptstadt Frankreichs, trägt einen keltischen Namen, da ein keltischer Stamm dort siedelte (wohl die Parisii genannt), daher hießt die Stadt bei den Römern auch seit 52 v.Chr. Lutetia Parisiorum . Eine genauere Erläuterung des Ursprungs der Bedeutung von ‚Paris‘ ist kaum möglich. Es wird vermutet, dass Keltisch par ’Boot’ oder bar, ber ’Lanze’ die Wurzel des Ortsnamen gebildet haben könnte.
(8) Sofia
Sofia, die Hauptstadt Bulgariens, stammt vom griechischen Wort σοφος ’geschickt, gelehrt, weise, Weiser’, hier im Sinne der in Christus innewohnenden Heiligen Weisheit in der orthodoxen Kirche ab und lässt sich daher als ‚Weisheit‘ übersetzen. Die griechische Wurzel findet sich in Wörtern wie etwa Philosophie und der alten Kirche Hagia Sophia in Istanbul wieder.
(9) Wien
Der Name der österreichischen Hauptstadt geht auf das keltische Wort vedunia ’Waldbach’, dem kleinen Fluss, der aus dem Wienerwald in die Donau, den heutigen Donaukanal mündet, zurück.
Quellen:
Atlas der wahren Namen. Etymologische Karte Europa
Cherpillod, André 1991: Dictionnaire étymologique des noms géographiques. Paris Milan Barcelone Bonn
Kästner, Hugo2007: Von Aachen bis Zypern. Geografische Namen und ihre Herkunft. Baden-Baden