Latein im Deutschen Römischer Wortschatz

Zweifellos ist der römische Kultureinfluss nicht hoch genug einzuschätzen. Aber auch in der Sprache lässt sich oft erkennen, dass die Römer auch Sachen weiter vermittelt haben, die sie vorher von den Griechen oder anderen Völkern des Orients übernommen haben. Bis zum 7. Jahrhundert wurden mehr als 500 Wörter aus dem Lateinischen ins Germanische entlehnt, und zwar hauptsächlich in den Bereichen Bauwesen, Militärwesen. Landwirtschaft, Gartenbau, Handels- und Verkehrswesen und Verwaltungs- und Finanzwesen (vgl. Duden 2001: 295).

 

Handel

„Herr Germanus fuhr mit seinem Eselskarren zu den römischen Kaufleuten am Limes und kaufte mit seinem Pfund Münzen Kupfer auf dem Markt ein.“

Der Handel war und ist in der menschlichen Entwicklungsgeschichte das entscheidende Moment im Transfer von Kenntnissen und Waren von einer Region in die andere und damit von einem Stamm bzw. Volk zum anderem. Erst der Warenaustausch vermittelt Wissen über neue Produkte, weckt Begehrlichkeiten der Wiederbeschaffung und damit die Voraussetzung zur Übernahme des mit der Ware verbundenem Wortes.

Esel: Der Esel leitet sich von Lateinisch asinus ab.

Karren: Dieses Wort kommt von Lateinisch carrus = „eine Art vierrädiger Transportwagen“. Die Wurzel steckt auch in Englisch car.

kaufen: Ausgangspunkt dieser Wortfamilie ist Lateinisch caupo = „Schankwirt, Herbergsvater, Kleinhändler“, den um die Zeitenwende die Germanen an den Grenzen durch die römischen Soldaten kennen lernten.

Kupfer: Das Halbedelmetall von rötlicher Farbe kam im Altertum hauptsächlich von der Inseln Zypern. Sprachlicher Ausgangspunkt ist Griechisch Kypros = „Zypern“ und dann via Spätlateinisch cuprum ins Germanische.

Markt: Der Markt als öffentlicher Handelsplatz für en Verkauf und Einkauf von Waren geht auf Lateinisch mercatus = „Handel, Kauf und Verkauf, Jahrmarkt“ zurück.

Maultier/Maultier: Diese Kreuzung von Eselhengst und Pferdestute bzw., Pferdehengst und Eselstute hat in der ersten Silbe das Wort Maul, das lautlich mit der Mundöffnung Maul zusammengefallen ist. Hier ist der Ursprung Lateinisch mulus.

Münze: Das Geldstück ist eine frühe Entlehnung aus Lateinisch moneta = „gemünztes Geld, Münze, Münzstätte“. Das ist eine Verkürzung von Lateinisch officina Monetae, der im Tempel der Göttin Juno befindlichen römischen Münzstätte. Daher auch der umgangssprachliche Ausdruck Moneten für Geld.

Pfund: Die Maßeinheit für eine Masse von einem halben Kilogramm lernten die Germanen bei ihrem Handel mit den römischen Kaufleuten kennen. Zugrunde liegt Lateinisch pondo = „ein Pfund an Gewicht“. Pfund bezeichnet auch eine Geldmenge, daher Englisch pound.

 

Römische Stein- und Hausbautechnik

„Familie Germanus ist stolz auf ihr neues Haus, denn es hat eine hohe Mauer aus Kalk an der gerade gepflasterten Strasse, und in der Kammer gibt es einen Kamin aus Kacheln, große Fenster und einen Tisch.“

Dieser Satz enthält neun sehr deutsch klingende Wörter, die sich alle aus dem Lateinischen ableiten lassen, denn es sind frühe Lehnwörter aus dem Lateinischen. Die Römer haben den Germanen einen bedeutenden Fortschritt im Wohnen in der Stein- und Hausbautechnik gebracht.

Fenster: Das Wort Fenster ist in fast allen europäischen Sprachen verbreitet. Nur die Engländer sagen window und die Dänen vindu, was soviel wie „Windauge“ bedeutet. Das Wort Fenster geht auf lateinisch fenestra = „Öffnung, Luke in der Wand“ zurück und ist selbst wohl etruskischen Ursprungs. Die Etrusker waren Kulturvermittler zwischen den Griechen und Römern.

Innsbruck: Die Ortsnamen Brügge, Innsbruck und Zweibrücken sind etymologische Beispiele für die von den Römern nach Mitteleuropa gebrachte Technik der steinernen Bogenbrücke.

Kachel: Die Kachel als gebrannte glasierte Tonplatte geht auf die Kenntnis des Tonbrennens der Germanen bei den Römern zurück. Das Wort beruht auf Vulgärlateinisch caccalus zurück.

Kalk: Der gebrannte Kalkstein, oft auch Mörtel kam mit dem Steinbau der Römer zu den Germanen. Das Wort ist eine Entlehnung zu calx (Genetiv calcis) aus Griechisch chalix.

Kamin: Der Kamin als offene Feuerstelle mit Rauchfang beruht auf griechisch kaminos = „Schmelz-, Brennofen“.

Kammer: Das vielfältig verwendete Wort Kammer (Schlafkammer) beruht auf Lateinisch camera = „gewölbte Decke, Zimmerwölbung“, das wiederum auf Griechisch kamara zurückgeht.

Keller: Das Wort muß eine sehr frühe Entlehnung aus dem Lateinischen sein, denn der ursprüngliche k-Anlaut aus lateinisch cellarium = „Speise-, Vorratskammer“ zu lateinisch cella = „Vorratskammer, enger Wohnraum“ ist erhalten geblieben.

Mauer: Das sehr deutsch klingende Wort ist aus Lateinisch murus entlehnt.

Pfeiler: Das Wort ist eine Entlehnung aus lateinisch pila = „Pfeiler“.

Pflaster: Dieser feste Belag auf Wegen und Straßen haben die Römer nach Norden gebracht. Das Wort geht über Mittellateinisch plastrum auf lateinisch emplastrum zurück, wobei das Präfix verlorengegangen ist. Ursprung ist Griechisch emplastron = „das Aufgeschmierte, aufgetragene Salbe, Pflaster“, eine Ableitung zum Verb emplassein = „eindrücken, hineinschmieren, verstopfen“.

Pforte: Das Wort ist eine Entlehnung aus Lateinisch porta = „Tor, Eingang“. Als Sehenswürdigkeit haben wir die Porta Negra in Trier.

Strasse: Die Straße als befestigter Verkehrsweg ist eine Entlehnung aus Spätlateinisch strata aus der Fügung lateinisch via strata = „gepflasterte Straße“, einem substantivierten Partizip von Lateinisch sternere = „hinbreiten, streuen, ebenen, bedecken“.

Tisch: Das Wort geht über Lateinisch discus = „Wurfscheibe, flache Schüssel, Platte“ auf Griechisch discos = „Scheibe“. In der Leichtathletik fliegt auch eine Scheibe durch die Luft: es ist das Diskuswerfen.

Ziegel: Das Wort beruht auf Lateinisch tegula = „Dachziegel“ zu lateinisch tegere = „decken“.

 

Hauswirtschaft

„Frau Germanus ist ganz stolz auf ihre neue Küche, denn sie hat jetzt viele neue Gegenstände in ihrer Hauswirtschaft: Becher, Büchsen, einen Kessel, eine Kiste, einen Korb, einen Schemel, einen Schrein, eine Schüssel. Weiterhin gibt es Mühle und für die Landwirtschaft eine Sichel.

Becher: Das Trinkgefäß ohne Henkel ist eine Entlehnung aus Mittellateinisch bicarius = „Becher, Trinkgefäß“ und geht selbst auf Griechisch bikos = „(Wein-, Wasser)Krug, -becher“ zurück.

Büchse: Das verschließbare zylindrische Gefäß geht via Lateinisch buxis auf Griechisch pyxis = „Büchse“ zurück.

Kessel: Das bauchige Gefäß zum Erhitzen von Flüssigkeiten bzw. die Geländevertiefung ist eine Entlehnung aus Lateinisch catillus, einer Verkleinerungsform zu catinus = „irdene Pfanne, Napf, flache Schüssel“. Die Germanen lernten das Wort als „Wasserbehälter der Feuerspritze“ kennen

Kiste: Der rechtwinklige Behälter aus Holz ist eine frühe Entlehnung aus dem Lateinischen, denn der ursprüngliche k-Anlaut blieb erhalten. Ausgangspunkt ist Lateinisch cista = „Kiste, Kasten“, das selbst aus dem Griechischen kiste = „Kiste, Korb“ kommt.

Korb: Das geflochtene Behältnis zum Tragen ist eine Entlehnung aus Lateinisch corbis = „Korb“.

Küche: Das Wort leitet sich von Spätlateinisch coquina = „Küche“, das eine Bildung zum Verb coquere ist, dem wir auch unsere Wörter Koch und kochen verdanken.

Mühle: Die Mahlanlage für Getreide ist aus Spätlateinisch molina = „Wassermühle“ entlehnt worden, als die Germanen anstelle ihrer alten Handmühle die mit Wasserkraft betriebene von den Römern kennen lernten.

Sack: Der längliche Behälter aus grobem Stoff oder Papier ist in der Zeit des römisch-germanischen Handels aus Lateinisch saccus = „Sack, Filter“ entlehnt worden, das wiederum auf Griechisch sakkos = „Sack (aus Ziegenhaar), Sackleinwand“ zurückgeht. Es ist ein semitisches Lehnwort mit dem wahrscheinlichen Ausgangspunkt Assyrisch schakku = Sack, Büßergewand“. Verwandt ist unser Sakko, einer Übernahme aus dem Italienischen sacco = „Sack“.

Schemel: Das Wort ist eine Entlehnung als Spätlateinisch scamellum zu Lateinisch scamnum = „Bank, Schemel“.

Schrein: Der Schrein ist ein kastenförmiger Behälter, eine Lade oder ein Schränkchen. Das Wort kommt von Lateinisch scrinium = „rollenförmige Kapsel zur Aufbewahrung von Papieren, Büchern, Salben“.

Schüssel: Das offene Gefäß mit flachem Boden ist aus Lateinisch scutella = „kleine Trinkschale“ entlehnt, einer Verkleinerungsform zu Lateinisch scutum = „Schild“.

Sichel: Die gebogene Metallklinge zum schnitt von Gras und Getreide ist über Vulgärlateinisch *sicila aus Lateinisch secula = „kleine Sichel“ hervorgegangen, einer Ableitung zum Lateinischen Verb secare = „schneiden, zerteilen“.

 

Verwaltung und Kriegswesen

Drache: Das mit lähmenden Blick und als geflügeltes Reptil vorgestellte Fabeltier der Antike war das Feldzeichen des römischen Heeres

Kaiser: Diese Ableitung ist wohl die bekannteste, denn wer kennt nicht Julius Caesar und Russisch Zar.

Kampf: Die Wanderungen der germanischen Stämme führten oft zum Kampf, d.h. zur Schlacht auf dem Feld, denn das deutsche Wort leitet sich von Lateinisch campus = „flaches Feld, Schlachtfeld“ ab.

 

Ortsnamen

Augsburg: Augsburg wurde etwa 30 n.Chr. im Anschluss als Römerstadt gegründet. Zu Ehren des Kaisers Augustus (63 v. Chr. bis 14 n.Chr.) und zusätzlich zu einem keltischen Stamm wurde der Ort Augusta Vindelicum genannt.

Köln: Köln war der Hauptort des 38 v.Chr. von den Römern angesiedelten germanischen Stammes der Ubier. Die hier geborene Agrippina, später die Gattin des Kaisers Claudius, erhob die Ansiedlung zur colonia mit römischen Bürger-recht im Jahre 50 n.Chr. Der amtliche römische Name war Colonia Claudia Ara Agrippinensium bezog auf den Kaiser und auf das Ubierheiligtum, das nun Altar der Agrippinenser, also der durch Agrippina zu römischen Bürgern gewordenen Einwohner (vgl. Berger 1999: 1966)

Mainz: Die ursprünglich keltische Siedlung war seit 13 v.Chr. ein römischer Legionsstandort. Der Name ist eine Kurzform  für lateinisch Mogontiacum zu dem keltischen Personennamen Mogontios. (vgl. Berger 1999: 190f)