Deutsch in anderen Sprachen
Sicherlich werden Sie beim Erlernen einer Fremdsprache, aber spätestens bei einem Urlaub und Aufenthalt im Ausland festgestellt, wie unser Land von unseren Nachbarn sprachlich sehr verschiedenen genannt wird, z.B.: Germany, Allemagne, Tyskland, Duitsland, Germania, Alemania, Njemačka, Njemcy, Saksa, Vacija und Vokietijà. Die ersten beiden Wörter kennen Sie sicherlich, aber die anderen wohl weniger. Doch kommen wir zuerst zu unserer Selbstbezeichnung Deutsch und Deutschland, bevor die anderen Bezeichnungen abgeleitet und erklärt werden.
(1) Deutsche als Volk
Das Wort >Deutsch< leitet sich von der alten germanischen Wurzel *theudo ‚Volk’ ab, Deutsch ist also die Volksprache. Theodisca lingua war die amtliche Bezeichnung der germanischen, d.h. der damaligen altfränkischen Sprache im Reich Karls des Großen (968-1014). Es war die Sprache des Volkes in Abgrenzung erstens zum Lateinischen, der damaligen Verkehrssprache der katholischen Kirche und der Eliten im Mittelalter, aber auch zweitens zum Romanischen, dem späteren Französisch in der Westhälfte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Diese Wurzel >Deutsch< ist auch Grundlage bei vielen unserer Nachbarvölker, z.B. wenn Sie fragen, ob ihr Partner Deutsch spricht bzw. von Deutschland spricht, dann sagt man in
– Schweden: „Snacker Ni tysk?“ bzw. Tyskland. Ebenso ist auf
– Dänisch, Norwegisch und auch auf Isländisch þyska bzw. Þyskaland.
– Italien: „Lei parla tedesco?“, aber Achtung als Land nennt man es Germania!
– Niederlande: „Kan U spreken Duits? bzw. Duitsland.
Achtung: Im Englisch dient diese gleiche Wurzel in der Form >Dutch< als Bezeichnung für die niederländische Sprache. Deutsch heißt dort bekanntlich >German<.
(2) Deutsche als Germanen
„Germania omnis a Gallis Raetisque et Pannoniis Rheno et Danuvio fluminibus, … separatur“[1] . (Tacitus 2006: 30)
So beginnt die Einleitung in der bekannten Abhandlung „De origine et situ Germanorum“[2] des römischen Historikers Publius Cornelius Tacitus (55-116) über die Germanien, das die Römer nach der vernichtenden Niederlage in der Schlacht im Teutoburger Wald im Jahre 9 n.Z. nie erobern konnten. Bis heute ist die Herkunft des Wortes Germanien unklar. Wahrscheinlich kommt er von einem kleinen Stamm am Niederrhein zur Zeit Caesars (vgl. Schmoeckel 1999: 467).
Germanen ist bei uns der Ober- oder Sammelbegriff für die Völker, die alle eine der dreizehn germanischen Sprachen sprechen. Dieser Begriff wird in einigen Sprachen benutzt, z.B.
– Englisch: Germany für Deutschland und German für Bewohner und Sprache,
– Irisch: Gearmainis für Deutsch und Gearmein für Deutschland,
– Italienisch: Germania für das Land, aber tedesco für die Person und die Sprache,
– Russisch und Bulgarisch: Γермания (Germanija)
– Rumänisch: germania und german.
– Suaheli: Ujerumani, d.h. das englische Germany bildet die Grundlage.
(3) Deutsche als Alemannen
Die Alemannen sind Teil eines alten westgermanischen Stammes, der aus der elbgermanischen Bevölkerung hervorgegangen ist und nach Südwest-Deutschland gewandert ist. Die Alemannen gliedern sich heute in vier Volksgruppen: Schwaben, Deutschschweizer, Elsässer und Vorarlberger.
Die Franzosen haben als Nachbarn zuerst die Alemannen kennen gelernt und dieses Wort auf alle Deutschen übertragen. Diese Sprachkette setzt sich für Deutschland in anderen Sprachen wie folgt fort: Spanisch Alemania, Portugiesisch Alemanha, Katalanisch Alemanja, Türkisch Almanya, Persisch Alman und Arabisch almanja.
(4) Deutsche als Sachsen
Zumindest vom Namen her sind die Sachsen in Deutschland und in vielen anderen Ländern sehr beliebt. So enthalten allein 3 von 16 Bundesländern diesen Namen: Sachsen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Aber auch ausgewanderte deutschsprachige Bauern und Handwerker werden so benannt, so zum Beispiel die Siebenbürger Sachsen in Rumänien, die als Auswanderer und Siedler im 12. Jahrhundert auf den Balkan zogen.
Im 5. Jahrhundert eroberten die germanischen Stämme der Angeln, Sachsen und Jüten, die vom Festland im heutigen Nord-Niedersachsen und Schleswig-Holstein kamen, die britische Insel Britannien. In den USA ist der Begriff Anglo-Saxons die Bezeichnung für die Amerikaner aus England.
Daher heißt es auch auf Finnisch für deutsch und Deutschland saksa und für Deutsche/r saksalainen. Ebenso ist es in der mit Finnisch eng verwandten Sprache Estnisch saksa, Saksamaa und sakslane.
(5) Deutsche als Stumme
Govorite li nemetzkij jasik? ‚Sprechen Sie die ‚stumme Sprache’, also Deutsch’, könnten Sie in Russland fragen. Nemec heißt stumm, d.h. die, die man nicht verstehen kann, ebenso Bulgarisch nemski. Für das Land sagt aber auf Russisch und Bulgarisch Germanija. Dagegen heißt es in vielen anderen slawischen Sprachen, das Land der Stummen:
Polnisch Niemcy, Serbisch Njemacka, Slowenisch Nemecko, Slowakisch Némčija, Tschechisch Nĕmecko und Ungarisch Németország, abgeleitet von német deutsch und ország ‚Land, Reich, Staat’, also wie bei uns Deutschland.
(6) Deutsche als Vacija und Vokietijà
Besonders unbekannt ist uns die Bezeichnung in den beiden baltischen Sprachen Lettisch und Litauisch: Vacija und Vokietijà. Hier einige Erklärungen nach der lettischen Wikipedia (vgl. http://lv.wikipedia.org/wiki/Vācijas_nosaukumi, 29.8.2012, Übersetzung von Jonas Büchel):
(1) Es ist ein altes baltisches Wort für Wikinger – vāca oder vākiā, wikingische Horden (ein Begriff der Westbalten, nicht mehr zu trennen in Lettisch oder Litauisch).
(2) Der litauische Etymologe Kazimir Būga verbindet den Namen mit dem Chronisten des 6 Jh.: ‚Jordan‘, der über einen schwedischen Stamm Wagoth berichtet.
(3) Ein anderer Etymologe, Konstantin Karulis (Herkunft für uns unbekannt, könnte aber lettisch sein), verbindet den Namen mit dem indoeuropäischen Wort uek ‚reden’, aus dem die Prußen den Namen Wackis gemacht haben – ein Kriegsschrei; aus dem selben Wortstamm leitet sich das lettische Wort Vēkšķis ab, das ein unverständliches Geplapper, oder eine hundegleiche Tiersprache der westlichen Nachbarn beschreibt (evtl. wie bellen).
Aus dem Begriff: „Die Deutschen“ „vācieši“ (wohl eher lettisch) oder „vokiečiai“ (eher litauisch) oder „vuokītē“ (evtl. estnisch, nur mit lettischen Schriftzeichen , da aus dem lettischen Wikipedia; d.h., langes ī wird „ii“ und langes ē wird „ee“) lassen sich die oben angegebenen Erläuterungen noch einmal besser verstehen.