Wortkrimi 1 – Mannequin

Europäischer Wort-Krimi Nr. 01

 

Das Mannequin läuft auf dem Boulevard Champs-Élysée in Paris

Die wörtliche Übersetzung gemäß den Ursprüngen der kursiven Wörter würde folgendermaßen   lauten:

„Das Männchen läuft über das Bollwerk im Land der Seligen der Unterwelt

im Sumpfland der Parisii“

Hier haben wir gleich vier Rätsel zu lösen, als eins nach dem anderen:

Heutzutage handelt es sich bei einem Mannequin um eine weibliche Person, die auf Modeschauen Damenbekleidung vorführt. Im Gegensatz zu der weiblichen Konnotation, die das Wort heute trägt, kommt das Wort eigentlich vom Niederländischen mannekin was so viel wie Mann oder besser gesagt „Männchen“ (eine Verkleinerung zu man, deutsch: Mann) heißt.  Um 1700 herum erlangte das Wort die Bedeutung des „den bildenden Künstlern als Modell dienende, bes. für Gewandstudien verwendete Gliederpuppe“ Pfeifer 1993: 836). Im 19. Jahrhundert verstand man unter dem Begriff eine Schneider- und Schaufensterpuppe. Schließlich gewann Mannequin die Bedeutung ‚männlicher Modevorführer‘ und danach die der weiblichen Modevorführerin.

Der Boulevard kommt ebenfalls aus dem Niederländischen, und zwar von blowere, unserem Bollwerk in der Bedeutung „aus Bohlen und Erde errichtete Befestigung, Schanzwerk“ (Pfeifer 1993: 156). Anstelle früherer Festungswälle in Paris wurden im 19. Jahrhundert ringförmig verlaufende Straßen gebaut, damit das Militär im Falle von Aufständen freie Schussbahn hatte. Heute gelten Boulevards als breite Prachtstraßen in einer Stadt.

Die Avenue des Champs-Éliysée, der große Boulevard im Herzen Paris, trägt diesen Namen seit 1789. Er bedeutet ’Allee der Elysischen Felder’. Elysion oder ’Elysische Felder oder Gefilde’ ist in der griechischen Mythologie der Bereich am äußersten Westen des Okeanus, in den die von Göttern geliebten Helden in ihrem Nachleben weilen durften. Champs kommt von Lateinisch campus ’Feld’. Wir kennen den Begriff Campus für eine Universität.

Der Name Paris, die Hauptstadt Frankreichs, geht auf die römische Gründung Lutetia Parisorum im 1. Jahrhundert v.Z. auf der heutigen Seine-Insel zurück. Lateinisch lutum bedeutet ’Sumpf’ und Parisii bezog sich auf einen dort beheimateten keltischen Stamm. Woher der Name des Volksstammes kommt, ist ungeklärt, evtl. von keltisch par: ’Boot’.

Literatur

Pfeifer, Wolfgang 1993: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2. Auflage. Berlin